Allen im Wunderland

PORSCHE EUROPEAN OPEN – FINAL: Gehörlosen-Weltmeister Allen John liefert den Fans mit Platz 2 in Hamburg ein tolles Golfmärchen. 

Mit fantastischen Runden von 70 und 67 Schlägen sorgt Deutschlands Superamateur Allen John für die herausragenden Leistungen im Green Eagle Golf Club. Der 30-jährige Gehörlosen-Weltmeister spielt im heftigen Wind die beste Finalrunde überhaupt und verpasst nur hauchdünn ein Stechen um den Sieg.

Die 17 gestarteten heimischen Pros werden dagegen im heftigen Wind von Hamburg allesamt aus den gut dotierten Rängen verblasen. Max Kieffer und Philipp Mejow kommen als geteilte 29. in die Wertung.

Amateur Allen John nimmt zum Start der letzten Umrundung ein souveränes Par mit und kann schon das Par 3, der 2 zum ersten Birdie überreden. Ein erstes Bogey an der schweren 6 macht er 10 Minuten später mit Birdie wieder vergessen und hält sich weiter hartnäckig unter Par.

Sein erstes European Tour-Weekend gestaltet John auch auf den letzten 9 unaufgeregt und erfolgreich: mit dem nächsten Birdie an der 11 marschiert er bereits unter die Top 10. Dazu zeigt er Nervenstärke, wie beim gelungenen Par Putt aus 4 Metern an der 12. Auf den beiden Par 5 der 15 und 16 packt der 30-jährige aus St. Leon-Rot weitere Birdies drauf, womit er sensationell auf Rang 4 am Leaderboard auftaucht.

Die gefährlich nah am Wasser gesteckte Fahne im 17. Grün attackiert John furchtlos und holt sich aus einem Meter das nächste Birdie ab. Den letzten Tee-Schot pusht er zwar weit rechts weg, erreicht dennoch das letzten Grün problemlos und setzt mit der 67 bei 10 unter Par die Clubhaus-Bestmarke, die nur noch von einem Pro überboten werden sollte. Für den 30-jährigen Goldmedaillengewinner bei den Deaflympics 2017 zweifellos der größte Erfolg der Karriere und neuer Ansporn vielleicht schon bald bei den Professionals neu durchzustarten.

„Die Runde war natürlich sensationell. Gerade auf den Back 9 konnte ich meine Chancen nutzen,“ äußert sich Allen überglücklich, der heuer schon auf der Pro Golf Tour ein Turnier gewinnen konnte, „auch wenn ich wieder kein Preisgeld bekomme, hatte ich viel Spaß und die Erfahrung hier war für mich unbezahlbar.“

Philipp Mejow macht gleich auf der 1 klar wohin am Sonntag die Reise gehen soll, denn ein Birdie zum Start in die Finalrunde lässt ihn sofort um ein paar Ränge nach oben klettern. Nach recht souveränen Pars danach wird ihm die schwierige 6 zum Verhängnis, die ihn nur mit einem Doppelbogey wieder seiner Wege ziehen lässt. Der Schock sitzt tief beim Berliner, der die Sicherheit der Vortage komplett verliert und nicht weniger als vier Bogeys in Folge kassiert. Erst im Finish kann Mejow noch einmal den Schalter umlegen und rettet mit drei späten Birdies die 74 samt achtbaren Ergebnis im Mittelfeld.

Max Kieffer sorgt mit einem frühen Bogey auf der 3 für einen eher schleppenden Start in die letzte Runde. Auch beim Düsseldorfer ist das lange Spiel deutlich mehr „shaky“ als an den Vortagen: am Par 5 der 9 geht es mit dem bereits dritten Bogey des Tages in die verkehrte Richtung, bei bislang nur einem Birdie. Auf den letzten 9 bleibt der Putter eiskalt und lässt Kieffer sogar auf drei der vier Par 5 ohne Birdieerfolg ausgehen. Immerhin beendet Kieffer seine heurige Porsche European Open mit Birdie zur 74. „Ein paar einfachere Tee-Schüsse nicht auf die Bahn gebracht und drei Dreiputts gemacht. Das sind locker vier, fünf Schläge, die ich heute liegengelassen habe, ein bisschen viel,“ meint Kieffer anschließend im SKY-Interview.

Sebastian Heisele beginnt zwar unaufgeregt, kann aber auf der 6 einen Fehler nicht vermeiden und büßt so einige Ränge ein. Auch danach ist der großgewachsene Professional auf der Suche nach dem ersten Erfolgserlebnis, muss sich die gesamten Frontnine über aber in Geduld üben. Der Frust über die vergebenen Chancen entlädt sich zu Beginn der Back 9 mit zwei Bogeys und dann sogar dem Triplebogey an der schweren 14. Die Runde der Extreme schlägt an der 15 ins Positive um: für die 576 Meter bis zum Loch braucht Heisele nur drei Schläge und versenkt den Ball zum Eagle. Mehr will dem Bayer aber nicht mehr gelingen, mit der 76 verpasst Heisele beim Heimturnier die Chance auf fettes Preisgeld in Hinblick auf eine neue Tourkarte.

Der Start in den Finaltag glückt Marcel Siem mit anfänglichen recht sicheren Pars planmäßig. Das souveräne Spiel endet auf der 6 dann aber schlagartig, denn mit einem Doppelbogey geht es im freien Fall am Leaderboard retour. Zumindestens kann der Routinier eine gute Antwort geben und findet auf der 7 auch das erste Birdie. Da er mit der 9 auch das einzige Par 5 der Frontnine auszunützen weiß, kann er sein Score noch vor dem Turn wieder auf Anfang stellen. So richtig auf den Geschmack gekommen schnürt er mit weiteren roten Einträgen auf der 10 und der 11 sogar den Birdietriplepack und orientiert sich so eindeutig in die richtige Richtung.

Richtig stabil wirkt das Spiel von Marcel aber trotz der drei Birdies am Stück nicht, denn die 12 brummt ihm prompt den nächsten Fehler auf. Des Schlechten noch nicht genug tritt er sich auf der schwierigen 13 sogar ein Doppelbogey ein und radiert sich damit endgültig alles vom Birdiedreierpack wieder aus. Das bricht den Rhythmus schließlich komplett, denn ein weiterer Fehler am Par 5, der 15 lässt ihn endgültig weit im Klassement zurückrutschen. Zumindestens kann er die Runde noch mit einem Birdie auf der 18 beenden, mehr als die 73 (+1) ist so am Sonntag aber nicht zu machen.

Jonas Kölbing ist bis zur 6 auf der Suche nach dem richtigen Schwung und muss nach einem Bogey auf der 3 und einem Doppelbogey auf der 6 schon früh Fehler verdauen. Erst danach findet er auch die ersten Birdies und arbeitet so den aufgerissenen Rückstand wieder etwas weg. Die Backnine haben dann großteils die falsche Farbe, denn mit unter anderem noch zwei Doppelbogeys geht sich nur die 76 (+4) aus, die ihn vom unteren Ende nicht wegkommen lässt.

Benedict Staben hat auch am letzten Spieltag mit Problemen zu kämpfen und zementiert sich mit Bogey und Doppelbogey schon früh regelrecht unten ein. Erst am Par 5, der 9 glückt dann auch das erste Birdie. Auf der 11 krallt er sich dann sogar noch ein weiteres Birdie, doch in Folge reißt der gewinnbringende Schwung wieder ab und nach seinem zweiten Doppelbogey des Tages, muss er sich schließlich mit der 75 (+3) zufrieden geben.

Allen John hält sich gemeinsam mit Renato Peratore (ITA) und Christofer Blomstrand (SWE) als geteilte Clubhausleader bei 10 unter Par für ein Stechen warm, doch Richard McEvoy hat andere Pläne: der Engländer rollt seinen Birdieputt an der 18 aus 5 Metern eiskalt ins Loch und holt sich so den Titel bei 11 unter Par.

>> Endergebnis Porsche European Open

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